Optische Zeitbereichsreflektometrie

optical time-domain reflectometry, OTDR, Glasfaser-Fernmessungen

Ein optisches Zeitbereichsreflektometer ist das optische Äquivalent eines elektronischen Zeitbereichsreflektometers und wird für die zerstörungsfreie Prüfung von optischen Leitern und Systemen verwendet. OTDR-Messungen basieren auf dem Aussenden einer Reihe von Lichtpulsen, in der Regel mittels einen Lasers. Dabei wird die Zeit der Reflexionen anhand der Reflexionsdämpfung bestimmt, indem von einem Ende der Faser aus gemessen wird, wie viel Licht über die Rayleigh-treuung zurückgestreut oder auch von einzelnen Punkten entlang der Faser zurückreflektiert wird.

Anmerkung:

Dieser Artikel über OTDR-Anwendungen für unsere Produkte soll den Besuchern unserer Website, die sich für solche Themen interessieren, einen kleinen Einblick geben. Wir selbst beschäftigen uns in erster Linie mit den Datenerfassungsanforderungen unserer Kunden und sind nicht in der Telekommunikationsbranche oder in der Glasfasertechnologie tätig. Der folgende Inhalt ist daher nicht als wissenschaftliche Abhandlung zu verstehen, sondern spiegelt auch subjektive Eindrücke wider.

Glasfasern zählen heute zu den wichtigsten Elementen moderner Telekommunikationsnetze. Langstreckenverbindungen mit hoher Bandbreite und die Umsetzung des Modells der Open Systems Interconnection (OSI) wären ohne diese Übertragungsmedien nicht möglich. Bei der Charakterisierung von Glasfasernetzen liefert die OTDR-Messtechnik eine Momentaufnahme der gesamten Verbindung, einschließlich aller Verbindungspunkte, Spleiße und Faserabschnitte. Sie dient als Referenz für die anschließende Inbetriebnahme und dient der Qualitätssicherung inklusive der rechtzeitigen Bewertung und Beseitigung von mechanische Schäden, welche als Hauptursache für Beeinträchtigungen von Glasfaserübertragungen gelten.

Ein optisches Zeitbereichsreflektometer (OTDR, Gerät zur Fernprüfung von Glasfasern) ist das optische Äquivalent eines elektronischen Zeitbereichsreflektometers und dient der zerstörungsfreie Prüfung optischer Leiter und Systeme. OTDR-Messungen ähneln somit den TDR-Messungen, basieren jedoch auf dem Aussenden einer Reihe von Lichtpulsen, in der Regel mittels einen Lasers. Dabei wird die Zeit der Reflexionen anhand der Reflexionsdämpfung bestimmt, indem vom selben Ende der Faser aus gemessen wird, wie viel Licht über die Rayleigh-Rückstreuung zurückgestreut oder auch von einzelnen Punkten entlang der Faser zurückreflektiert wird.

Die Charakteristik dieser früheren Reflexionen unterscheidet sich stark von der des Faserendes. Bei der Rayleigh-Rückstreuung ist der Anteil des rückgestreuten Lichts sehr gering. Hingegen fällt ein Fresnel-Reflexionsverlust deutlich größer aus, da hier deutlich mehr Licht zurückreflektiert wird und somit meist zu einem deutlichen Peak in der Messkurve führt.

Die erfassten Daten zu dem gestreuten bzw. reflektierten Licht (Backscatter) dienen der Charakterisierung der optischen Faser bzw. der Lokalisation von Störungen. Dabei wird die Stärke der zurückkommenden Impulse gemessen, als Funktion der Zeit integriert und schließlich als Funktion der Faserlänge dargestellt. Die aus den Reflexionen und Streuungen resultierenden Verluste addieren sich mit den materialbedingten Verlusten der Fasern zur Gesamtdämpfung der Übertragungsstrecke.

Die Messtechnik der optischen Zeitbereichsreflektometrie gewinnt in der Informations- und Datenübertragungstechnik zunehmend an Bedeutung, insbesondere weil anhand der Messergebnisse die verschiedenen Dämpfungsarten bewertet und damit die gemessenen Übertragungsstrecken gezielt optimiert werden können. Daher sind heute OTDR Messmethoden in der Glasfasertechnik unerlässlich und insbesondere in der Telekommunikation weit verbreitet, wobei folgende Informationen von besonderem Interesse sind:

  • die Entfernung zu Punkten mit hohem Verlust bzw., hohem Reflexionsgrad, zur Prüfung der Qualität der verwendeten Komponenten bzw. zu etwaigen Fehlerstellen wie Fluchtungsfehlern durch zu enge Biegung, Quetschung, Verunreinigungen in Steckverbindern, defekten Spleissen etc.

  • die Entfernung zum Faserende, um z.B. Schäden wie Faserbrüche oder fehlerhafte Steckverbindungen aufzuspüren

Hintergrundinformationen:

Die Leitung von Licht in einem Lichtwellenleiter erfolgt durch Totalreflexion an einer Grenzschicht zwischen einem Werkstoff mit hoher Brechzahl und einem Werkstoff mit niedriger Brechzahl. Änderungen der Brechzahl entlang des Leiters führen zu Reflexionen bzw. zu Streueffekten, welche die Grundlage für OTDR-Messungen bilden. Ein wichtiger Parameter der Lichtwellenleiter ist die optische Dämpfung, d.h. der Lichtverlust bei der Übertragung des Lichts. Sie wird aus dem Verhältnis der Lichtleistung am Faseranfang zur Lichtleistung am Faserende berechnet und in Dezibel (db) angegeben.
Die Ursache für Lichtverluste in Lichtwellenleitern (Streuung und Absorption) werden in großem Umfang durch den Werkstoff (also die Glasqualität hinsichtlich Homogenität) und den Aufbau des Lichtwellenleiters bestimmt. Dabei werden Streuverluste hauptsächlich durch die Rayleighstreuung verursacht, die ihren Ursprung in den Diskontinuitäten des Brechungsindex entlang der Glasfaser hat.

Die (stark wellenlängenabhängige) Absorption entsteht z.B. durch unerwünschte Beimengungen verschiedener Stoffe zum Fasermedium. Neben der Dämpfung des Lichtes durch den Werkstoff treten zusätzliche Dämpfungseffekte auf, die durch Koppel- und Spleissstellen verursacht werden. Diese Art der Dämpfung wird als Fresnel-Reflexion bezeichnet. Bei der Auswertung von OTDR-Messungen ist daher von entscheidender Bedeutung, die möglichen Ursachen der Dämpfung zu kennen.

Um optische Nachrichtenübertragungsstrecken zur optimieren und Fehlerstellen zu lokalisieren und beseitigen, ist es wichtig, die Größe der Dämpfungswerte von der Verbindungsstellen bzw. Verbindungselemente des Lichtwellenleiters korrekt zu beurteilen und in einem realistischen Verhältnis zur materialbedingten Dämpfung zu betrachten, die vornehmlich durch die Raleigh-Streuung verursacht wird. Doch zunächst einmal möchten wird den grundsätzlichen Aufbau eines OTDR-Gerätes vorstellen:

OTDR-Funktionsweise

OTDR Messungen basieren auf zwei optischen Effekten: der Fresnel Reflexion und der Rayleigh Streuung. Beide werden in einer OTDR-Messung detektiert. Hier eine vereinfachte Prinzipskizze einer solchen Messung:

Schema eines OTDR-Messaufbaus für eine Glasfaser: Ein Laser erzeugt einen Lichtimpuls mit bekannter Impulslänge und Wellenlänge, der in die Faser eingekoppelt wird.
Skizze der OTDR-Messung einer Glasfaser: Eine Lichtquelle, (hier ein Laser) erzeugt einen Licht-Puls mit bekannter Impulslänge und Wellenlänge, der in die Faser (blau) eingekoppelt wird. Die zu erfassende Messstrecke liegt dabei zwischen einer Vorlauf- und einer Nachlauffaser. Über die Raleigh-Streuung wird permanent Licht zurück gestreut (rosa), dabei führen z.B. Faserspleisse zu einer messbaren Signaldämpfung. Ereignisse mit Fresnel-Reflektionen (z.B. durch Konnektoren) reflektieren größere Lichtanteile. Das zurückkommende Licht wird auf einen Detektor gelenkt und ausgewertet. Die Aussendung des Pulses dient dabei als Start Signal für einen Analog-Digital-Wandler, sodass eine Messung der Zeit erfolgen kann, die der Puls bis zu einem reflektierenden Ereignis und zurück zum Detektor (in der Regel eine Avalanche-Photodiode, APD) des Messgerätes benötigt. Während dieser Messung durchläuft der Puls die Faser. Spätestens am Faserende wird der Puls reflektiert, somit werden ggf. auch Faserbrüche lokalisiert. In der Regel treten bereits bereits auf dem Weg zum Faserende zusätzliche Reflexionen bzw. Dämpfungen des Signals auf, die z.B. an Spleissen oder Konnektoren entstehen und auf deren Entfernung zur Pulsquelle hindeuten.
Grafik des Dynamikbereichs und des Geräuschpegels bei OTDR-Messungen.
Dynamik und Rauschpegel bei OTDR-Messungen. Diesbezüglich gibt es unterschiedliche und teilweise auch verwirrende Definitionen und Normen, sodass Herstellerangaben nicht einfach untereinander zu vergleichen sind.

Kurze Pulse liefern, wie bereits erwähnt, eine bessere Auflösung, sind aber in der Reichweite begrenzt, da die Pulsleistung ggf. nicht ausreicht, um überhaupt das Faserende zu erreichen. Wird diesem Effekt mit langen Pulsen entgegengewirkt, so erhöht sich zwar die Dynamik, die Auflösung der Messung verschlechtert sich allerdings. Um trotz der Begrenzung der Auflösung durch die Dauer des Messimpulses größere Strecken zu vermessen, kann die Meßzeit erhöht werden, womit eine Mittelwertbildung (und damit eine Glättung der Meßkurve) möglich wird. Die Ergebnisse werden mit längerer Messdauer exakter. Moderne OTDR-Geräte machen über eine Messzeit von mehreren Sekunden tausende von Messungen und mitteln die empfangenen Messwerte.

Die Parameter Wellenlänge, Pulsbreite, Messbereich, Dynamik und Kurvenmittelung / Meßzeit sind folglich bei jeder Messung sorgfältig den Gegebenheiten und der Messstrecke anzupassen. Die überprüften Glasfaser-Meßstrecken werden häufig durch eine Vorlauffaser und eine Nachlauffaser von gleichen Fasertyp ergänzt. Erstere dient dazu, die Entfernung zum ersten zu messenden Steckverbinder groß genug zu machen, damit dieser außerhalb der Totzonen erfasst werden kann. Die Nachlauffaser dient zur Erfassung des letzten Steckverbinders außerhalb der Totzonen. Wenn mit längeren Impulsbreiten gemessen wird, z.B. um lange Faserstrecken zu messen, wird mehr Energie in die Messung eingebracht. Damit werden auch die Totzonen länger und es werden folglich auch längere Vor- und Nachlauffasern benötigt.

Zur Erhöhung der Genauigkeit werden Glasfaserverbindungen, sofern räumlich möglich, bidirektional in einem sogenannten Loop gemessen. Dabei wird die Messrichtung gewechselt, sodass aus der Vorlauffaser eine Nachlauffaser wird um umgekehrt.

OTDR Geräteklassen


Das ideale OTDR-Gerät könnte sehr kurze Impulsdauern unter Verwendung möglichst kleiner Abtastintervalle mit sehr hoher Auflösung über einen großen Messbereich darstellen. Letzterer beschreibt die maximale Dämpfung, die zwischen dem Messgerät und dem zu messenden Ereignis unter der Voraussetzung angelegt werden kann, dass die Messung das Ereignis noch innerhalb akzeptabler Genauigkeitsgrenzen bestimmen kann. Hinsichtlich des Messbereiches gibt es bei OTDR jedoch eine systembedingte Einschränkung: Kurze Laserpulse weisen häufig eine große Bandbreite auf, welche durch die Dispersion der Glasfaser noch verbreitert wird. Dies führt zu einer unvermeidlichen Verschlechterung der räumlichen Auflösung, insbesondere bei Langstrecken-Glasfaserverbindungen.

Dieser Einschränkung der verbreiteten OTDR Messmethode wird z.B. in TCSPC-basierten OTDRs mit der Verwendung hochauflösender ADCs, begegnet, die teilweise auch durch TDCs ersetzt werden, um Zeitkanäle mit einer Breite von wenigen Pikosekunden zu nutzen. Ziel ist es dabei, möglichst die Messzeiten für die Überwachung von immer größer werdenden Glasfasernetzen zu verkürzen, und personalintensive Messungen vor Ort durch Langstecken-Messungen zu ersetzen. Die Kombination der hohen Empfindlichkeit von Einzelphotonen-Detektoren (SPD) mit der hohen zeitlichen Auflösung von TDCs liefert bei derartigen Messungen einen höheren Dynamikbereich und eine bessere räumliche Auflösung.

Zur Messung vergleichsweise kurzer Strecken stehen für OTDR schon einigen Jahren tragbare Glasfaserbruchortungsgeräte zur Verfügung, die auf ihrem Display die Rückflussdämpfung in Bezug zur Faserlänge anzeigen. Die Messungen sind heute so präzise, dass neben der grafischen Darstellung der besagten Messkurve auch sehr anwenderfreundliche visualisierte Darstellungen der Faserleitung abgebildet werden. Die Interpretation der Daten ist mit derartigen Messgeräten auch von Laien durchführbar.

Beispiel für OTDR-Trace für ein tragbares OTDR-Gerät. Die gezeigte Messung deckt eine Entfernung von 138 km ab und erfasst 23 Ereignisse.
Beispiel für für die OTDR-Messkurve eines tragbaren OTDR-Gerätes. Die gesamte Strecke des Lichtwellenleiters wird als gerade Linie dargestellt, die aufgrund der Dämfung der Leistung des zurückgestreuten Lichts aufgrund der Rayleigh-Streuung abfällt. Die gezeigte Messung erstreckt sich über eine Strecke von 138 km und bildet dabei 23 Ereignisse ab. Das Gerät unterscheidet automatisch zwischen reflektierenden und nicht reflektierenden Ereignissen und bewertet diese entsprechend. Die Auflösung der Darstellung hängt dabei von der Pulsbreite und Rauschverhältnissen ab. Das gezeigte Gerät liefert eine qualitative Messung, bewertet also die einzelnen Ereignisse und generiert eine PASS-/ FAIL- Aussage über die gesamte Mesststrecke und liefert zudem eine Auflistung der einzelnen Ereignisse mit Angaben zu deren Typ, Position, Dämfungsgrad, Reflektionsgrad etc. Mit solch einem komfortablen Gerät wird die Arbeit des Messtechnikers deutlich komfortabler und schneller.

Auch wenn die Interpretation der Messdaten heute sehr viel einfacher ist, so sind gleichzeitig die Anforderungen an die Datenerfassung z.B. durch die Verbreitung von Multiplexverfahren in der Datenübertragung im Laufe der Zeit gestiegen. So hat z.B. auch die Einzelphotonenzählung Einzug in diese Messtechnik erhalten (Photon Counting OTDR).

Vollwertige optische Zeitbereichsreflektometer verfügen über zahlreiche Funktionen, haben einen sehr großen Messbereich, bieten meist große Farbdisplays und werden hauptsächlich in Labors und für schwierige Glasfasermessungen vor Ort eingesetzt, da sie in der Regel recht unhandlich ausfallen. Dagegen gibt es zahlreiche tragbare Glasfaserbruchortungsgeräte, die vornehmlich für die Fehlersuche in Glasfasernetzen für Techniker vor Ort konzipiert sind.

Häufig stehen bei diesen opto-elektronisches Maßbändern, die vornehmlich die Entfernung zu Störstellen messen der Preis und leichte Bedienbarkeit im Vordergrund, da die Geräte dafür gedacht sind, Felddaten zu sammeln und rudimentäre Datenanalysen durchzuführen. In Verbindung mit PC-basierter Software ist bei bestimmten Anbietern ggf. eine etwas breitere Datenerfassung und Datenanalyse möglich.

Deutlich aufwändiger sind da die "Remote Fiber Testing Systeme“ (RFTS), welche die automatisierte Prüfung ganzer Glasfasernetze von einem zentralen Standort aus ermöglichen. Bei diesen OTDR-basierten Messungen steuert ein zentraler Computer den Betrieb mehrerer Testkomponenten an Schlüsselpunkten des Glasfasernetzes. Von diesen Punkten aus wird das Fasernetz geprüft und beim Erfassen ungewöhnlicher Diskontinuitäten des Netzes deren Position vermerkt. Dabei wird in vielen Fällen auf eine Historie der akquirierten Daten zurückgegriffen, welche in einer systemeigenen Datenbank erfasst ist. Netzwerkmanagern ist es somit möglich, die Glasfaser-Infrastruktur sehr zuverlässig zu überwachen.

Übrigens: Gerade auch in der Quantenforschung basieren einige Messmethoden auf dem Grundprinzip der OTDR.

OTDR measurement with a user-friendly, portable device.
OTDR-Messung mit einem benutzerfreundlichen, tragbaren Gerät.

Autor: Uwe Thomaschky