Vergleiche von Atomuhren
Wir sind durchaus stolz darauf, dass unsere time to digital converter so gut auflösen, dass sie sich zum Vergleich von Atomuhren eignen. Dies gilt insbesondere für moderne Messmethoden wie die Zeit- und Frequenzübertragung über Satelliten in beide Richtungen.
Alle gebräuchlichen Uhren bestehen im Wesentlichen aus zwei Komponenten: Sie nutzen ein periodisch auftretendes Ereignis, welches gezählt und dessen Häufigkeit einer Sekunde zugeordnet wird. Erst mit Hilfe der Atomuhren ist die Zeit zu der physikalischen Größe geworden, die sich am genauesten vermessen lässt. Dabei wird der Zeittakt dieser primären Uhren aus der charakteristischen Frequenz von Strahlungsübergängen der Elektronen freier Atome abgeleitet, und ihre Zeitanzeige wird fortwährend mit dem Taktgeber verglichen und diesem angepasst. Weltweit werden mehr als 400 Atomuhren in 80 Zeitinstituten betrieben, die regelmäßig untereinander abgeglichen werden. Das Ergebnis dieses Abgleiches ist ein gewichteter Durchschnittswert, welcher als die internationale Atomzeit (TAI) bezeichnet wird und für die ganze Welt verbindlich ist. Die TAI ist dabei auch die Grundlage für die koordinierte Weltzeit UTC.


Wie werden Atomuhren synchronisiert?
- GPS-Zeitvergleiche: Die oben erwähnten Satellitennetzwerke neben den Positionsdaten für Navigationssysteme auch die exakte Weltzeit zur Verfügung und bieten sich daher grundsätzlich für die Zeitverbreitung und zum Vergleich von Zeitskalen an. Dabei überträgt jeder Satellit die Systemzeit als Referenz zusammen mit dem Wert aus der Zeitskala der individuellen Atomuhr und den aktuellen Positionsdaten. Somit kann die Beziehung zwischen der individuellen Satellitenuhr und der Systemzeit bei einem Zeitvergleich herangezogen werden. Zu diesem Zweck wird in jedem Zeitinstitut ein GPS-Empfänger mit dem UTC des Institutes synchronisiert und die Zeitdifferenz zwischen dieser Zeitangabe und der des Satelliten-GPS errechnet. Wenn dabei mehrere Institute Zeitdifferenzen aus Beobachtungen aller Satelliten während eines Tages ermitteln und ihre Ergebnisse austauschen, so erlaubt das die Berechnung der mittleren Zeitdifferenz. Diese Methode hat allerdings systematische Nachteile, insbesondere weil die Satelliten lediglich ein schwaches Signal aussenden. Die Daten können folglich durch Spoofing oder Spamming manipuliert werden.
- Daher haben sich heute die Zweiweg-Zeitvergleiche (Two-way satellite time and frequency transfer, TWSTFT) weiter etabliert. Bei dieser Methode, senden zwei Zeitinstitute zu einem vereinbarten Zeitpunkt gleichzeitig Zeitstempel über die exakte Absendezeit gemäß der selbst gemessenen Atomzeit über einen geostationären Telekommunikationssatelliten an das jeweilige andere Institut. Beim Absenden wird bei jedem der beiden Sender ein TDC gestartet und automatisch gestoppt, sobald das Signal des anderen Institutes eingeht. Aus dem Vergleich der Sendezeiten gemäß der Atomuhr des einen Instituts mit den Laufzeiten gemäß des TDCs des anderen Instituts lässt sich die Genauigkeit der beiden Atomuhren bestimmen. Dabei ist die Messung von der Position der beiden Institute und des Satelliten unabhängig, da die auf die Signale einwirkenden Verzögerungen in der Regel gleichermaßen auf beide Signale einwirken. Folglich neutralisieren sie sich beim rechnerischen Vergleich.

SSatellitenverbindungen sind für den Vergleich optischer Uhren nicht geeignet, da die erreichte bessere Präzision des Zeitsignals im Rauschen der Übertragung verloren geht. Dies führte zu der Idee, mehrere optische Uhren über Laserstrahlen zu koppeln, die per Glasfasertechnologie übertragen werden. Dieser Ansatz war bereits in mehreren Experimenten erfolgreich, darunter eines in Boulder im Jahr 2021 mit drei Atomuhren, die etwa 1,5 Kilometer voneinander entfernt waren und über einen Zeitraum von acht Monaten präzise miteinander synchronisiert werden konnten. Die gemessenen Unterschiede in der Taktrate waren erst nach der siebzehnten Dezimalstelle erkennbar, was in etwa der Genauigkeit jeder einzelnen Atomuhr entsprach. Langfristiges Ziel ist es, ein globales Netzwerk optischer Atomuhren aufzubauen.
Welchen Nutzen hat die herausragende Genauigkeit der Atomuhren?
Auch wenn die meisten Menschen meinen, dass ihnen eine sekundengenaue Zeitmessung im Alltag ausreicht, profitieren wir doch indirekt alle von der Existenz und dem übergreifenden Abgleich der Atomuhren. Und dies nicht nur, weil sie Funk- und Bahnhofsuhren den Takt vorgeben. Selbstverständlich spielt die exakte Zeitmessung insbesondere in der Forschung, aber auch im Welthandel und der Navigation eine große Rolle. Dafür gibt es vielfältige Beispiele, von denen wir hier einige nennen möchten.
- Die wohl bekannteste Anwendung von Atomuhren ist die Übertragung der Uhrzeit über Funkzeitzeichensender. Viele Regierungen betreiben Zeitzeichensender, die für eine Vielzahl von Instrumenten zur Verfügung stehen und eine Laufzeitverzögerung von etwa 1 ms pro 300 km vom Funksender aufweisen. Herkömmliche Funkuhren synchronisieren sich ebenfalls automatisch mit den zu diesem Zweck verwendeten Atomuhren, verlassen sich jedoch ausschließlich auf die amplitudenmodulierten Zeitsignale und verwenden Schmalbandempfänger (mit einer Bandbreite von 10 Hz) mit sehr kleinen Ferritschleifenantennen. Aufgrund ihrer kostengünstigen Signalverarbeitung können sie den Beginn von Sekunden nur mit einer praktischen Ungenauigkeit von ± 0,1 Sekunden bestimmen. Unmittelbar nach einer erfolgreichen Synchronisierung sind sie am genauesten und werden von da an bis zur nächsten Synchronisierung immer ungenauer.
- Eine besonders weit verbreitete Anwendung für Atomuhren ist selbstverständlich die Satellitennavigation, die auf Laufzeitmessungen von Signalen basiert, welche von Satelliten gesendet werden. Alle einzelnen Satelliten des amerikanischen GPS, des europäischen Galileo, des russischen Glonass und des chinesischen Beidou sind mit einer Atomuhr ausgestattet. Aus den Laufzeiten der Signale mehrerer Satelliten kann mit Empfangsgeräten die Position bestimmt werden. Die Genauigkeit der Zeitmessung spielt dabei eine zentrale Rolle. Schon eine Abweichung von nur einer Millionstel Sekunde führt dazu, dass die ermittelte Position des Empfängers um mehrere hundert Meter falsch ist. Je besser die Atomuhren der Satelliten synchronisiert sind, desto genauere Positionen können mithilfe der Satellitennavigation bestimmt werden.
- In der Radioastronomie (VLBI) werden Atomuhren unter anderem zur Überwachung der Stabilität von Pulsaren, der Erdrotation und anderer periodischer Phänomene eingesetzt.
- In der Grundlagenforschung helfen Atomuhren, physikalische Konstanten zu untersuchen und die Frage zu klären, ob diese wirklich über die Zeit unveränderlich bleiben. Einsteins Relativitätstheorie ist nicht nur mit Hilfe von Atomuhren überprüfbar, sondern eröffnet auch ungeahnte Möglichkeiten für die höhere Geodäsie. Denn Einsteins Theorie besagt, dass Massen nicht nur den Raum, sondern auch die Zeit beeinflussen.
- Einsteins Relativitätstheorie lässt sich nicht nur mit Hilfe von Atomuhren überprüfen, sondern eröffnet auch ungeahnte Möglichkeiten für die höhere Geodäsie. Da die Zeit in der Nähe großer Massen langsamer vergeht, ist dies auch der Fall, je näher man dem Schwerpunkt der Erde ist. Folglich könnte ein Netzwerk miteinander verbundener Uhren mit entsprechender Genauigkeit eine umfassende Messung des Gravitationsfeldes der Erde ermöglichen. Durch Beobachtung der Frequenzverschiebung vernetzter optischer Uhren ließe sich beispielsweise feststellen, ob sich Erdplatten gegeneinander verschieben oder ob es an der betreffenden Stelle irgendeine Form von geologischer Aktivität gibt. Zentrale Bezugsgröße ist das sogenannte Geoid, das die hypothetische Fläche beschreibt, auf der überall auf dem Globus exakt die gleiche Gravitationskraft herrscht. Diese Bezugsfläche für Höhenmessungen ist aufgrund unterschiedlicher Massenverteilungen und unterschiedlicher Dichteschwankungen keineswegs eine Kugel. Denn jede plattentektonische Bewegung und jedes Erdbeben verändert die Massenverteilung der Erde. Die genaue Kenntnis der Hebung oder Senkung von Landmassen im Laufe der Zeit hilft Geowissenschaftlern zu bestimmen, wo Erdbeben und Vulkanausbrüche besonders wahrscheinlich sind.
- Atomuhren sind für die Phasensynchronisation schneller Datennetze (z.B. dezentraler Funknetze) unverzichtbar, da die Datenübertragung über große Entfernungen mit Hilfe von Lichtwellenleitern erfolgt. Dabei müssen die Sende- und Empfangsuhren an beiden Enden der Übertragungsstrecken synchronisiert werden, da sonst keine eindeutige Zuordnung der einzelnen Bits erfolgen kann.
- Im Bankensektor, genauer gesagt im Bereich des Hochgeschwindigkeitshandels an Wertpapierbörsen, ist die präzise Synchronisierung der Handelsuhren eine Voraussetzung für die Regulierungsbehörden, um die Reihenfolge des Eingangs und der Ausführung von Handelsanfragen zu unterscheiden. Auf diese Weise kann Marktmissbrauch aufgedeckt werden. Dies liegt daran, dass Händler, die fortschrittliche, leistungsstarke und schnelle Computernetzwerke nutzen, sonst in der Lage wären, die Wertpapiermärkte zu manipulieren, indem sie die Preise der von ihnen gehandelten Wertpapiere ändern.
Bildnachweis:
Vielen Dank an Dr. Stefan Weyers, Leiter der Arbeitsgruppe „Unit of Time“ @ PTB für seine außerordentliche Unterstützung bei diesem Artikel.
Bildquellen:
Atomuhren CSF1 und CSF2 & optische Strontiumuhr: Mit freundlicher Genehmigung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, www.ptb.de, beide Bilder sind freigestellt und leicht verzerrt.
TWSTFT: Der Satellit unseres Composings kommt von Adobe Stock, Aleksandr Papichev
Autor: Uwe Thomaschky
Bemerkung:
An dieser Stelle möchten wir Besuchern unserer Website, die sich für die Einsatzmöglichkeiten unserer Produkte interessieren, einen kleinen Einblick geben. Wir selbst befassen uns in erster Linie mit den Anforderungen unserer Kunden an die Datenerfassung und sind weder Geodätiker noch am Hochgeschwindigkeitshandel beteiligt, wir bauen auch keine Atomuhren oder Satellitennavigationssysteme. Die folgenden Inhalte sind nicht als wissenschaftliche Abhandlung zu verstehen, sondern stellen lediglich eine vereinfachte Darstellung dieser Anwendungen dar und können auch subjektive Eindrücke wiedergeben. Dieser Artikel wurde unterstützt von der Abteilung Zeitnormale @ PTB.